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Die Pfeile des wilden Apollo. Eine illustrierte Einführung. III Blinde Seher – Wahre Homere IV Wunde und Nation.

III  Blinde Seher Wahre Homere 

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Die Demontage des hehren Homer hatte bereits in den 1730er Jahren begonnen, in einem kulturanthropologischen Milieu der schottischen Aufklärung, das von frühen kognitionswissenschaftlichen und evolutionstheoretischen Ansätzen gekennzeichnet war. Die atavistische Porträtbüste, die auf einem Selbstporträt des Edinburgher Barbiers und grafischen Chronisten John Kay die Betrachter:innen mit hypnotischem Blick fixiert, spiegelt eine primitivistische Ansicht vom Begründer der abendländischen Kultur, wie sie spektakulär in der Schrift An Enquiry into the Life and Writings of Homer (1735) des Aberdeener Literaturhistorikers Thomas Blackwell zum Ausdruck kommt. Blackwell hielt die Ilias und die Odyssee für Produkte eines archaischen Wanderbarden mit einem historischen und ethnografischen Blick, der die Inhalte seiner Epen in ekstatischen Aufführungen, mutmaßlich auch unter der Einwirkung von Drogen, frei improvisierte und weiterentwickelte. Der Einfluss, den diese Studie auf die bald hereinbrechende folkloristische Welle hatte, auf die enthusiastische Ausforschung von Völkern und ihrer Überlieferungen, lässt sich kaum überschätzen.

Der gelernte Barbier hatte sich einen Namen als grafischer Chronist der Edinburgher Gesellschaft gemacht. Zu seinen bevorzugten Motiven zählten Protagonisten der schottischen Aufklärung wie der Essayist Hugh Blair, der maßgeblich für die Verbreitung von James Macphersons Ossianischen Gesängen verantwortlich war. Der künstlerische Autodidakt Kay machte im wilden Homer von Macphersons Aberdeener Lehrer Thomas Blackwell ein Idolgenialer Naivität aus, dem er Utensilien seiner Mal- und Frisierkunst als Opfergaben darbot.

Der atavistische Homer als zentraler Gegenstand einer Konversation zwischen dem Malerdichter Johann Heinrich Füssli und seinem Lehrer und Mentor Johann Jakob Bodmer. Der Milton- und Homer-Übersetzer war schon zu Beginn der 1720er Jahre in seinen Schriften für eine „poetische Raserey“ eingetreten und wie kein zweiter für den literarischen und bildkünstlerischen Auftrieb des Sturm und Drang verantwortlich.

Angeregt war die Enquiry vermutlich von den Überlegungen zur Entstehung einer poetischen Ursprache, die der neapolitanische Kulturphilosoph Giambattista Vico zehn Jahre zuvor in seiner Universalgeschichte Scienza nuova (1725) angestellt hatte, vor allem von einem Kapitel zur „Entdeckung des wahren Homer“, das er der zweiten Auflage seines Opus magnum 1730 hinzugefügt hatte. Im Gegensatz zu Blackwell ging Vico nicht davon aus, dass es sich bei Homer um eine historische Person handelte, sondern um einen heroischen „Charakter griechischer Menschen, insofern diese singend ihre Geschichte erzählten.“ Das organismische Konstrukt eines Kollektiv-Homer sollte im Verlauf des Sturm und Drang und der nachfolgenden nationalistischen Flächenbrände in den identitären Deklinationen von Volksseele, Volksgeist und Volkskörper eine enorme Aufladung erfahren und seinem Autor posthum den Ruf eines Wegbereiters der Gegenaufklärung einhandeln.

Vico hielt es allerdings für ausgeschlossen, dass sich der zivilisierte Mensch in eine archaische Befindlichkeit zurückversetzen könne, zu groß sei die Kluft zwischen einem reflektierenden zivilisatorischen Bewusstsein und dem wild-poetischen Empfinden der Frühzeit, das er analog zum Kindheitsstadium sah. Blackwell hingegen hielt eine Einfühlung in ein homerisches Bewusstsein, in dem sich Sinneseindrücke „mit dem Schauer göttlicher Gegenwart“ verbinden, durch eine weitgehende Ausschaltung der Ratio sehr wohl für möglich. Der Dichter James Macpherson, der in Aberdeen von Schülern Blackwells unterrichtet worden war, begann Ende der 1750er Jahre die Probe aufs Exempel zu machen, indem er sich, ausgehend von schriftlichen und oralen Überlieferungen, in eine keltische Welt zur Zeit der Spätantike hineinversetze, bis er schließlich in der Lage war, einen kompletten epischen Zyklus zu Tage zu fördern, den er einem sagenhaften gälischen Barden namens Ossian zuschrieb.

Dieser alte Sänger erzählte die Geschichte seines Volks im Angesicht seines bevorstehenden Untergangs als eine Saga aus Trauer, Trauma und Verlust. Die dunkle Stimmungslage des Epos zog auch Goethes lebensmüden Werther an. Ossian habe den vitalen Homer ganz aus seinem Herzen verdrängt, bekannte er seiner Verlobten. Blind waren beide, der antike Barde genauso wie sein nordisches Pendant und doch lieferten sie, wie Goethes Mentor Herder hervorhob, zwei Schilderungen von Welt ab, wie sie gegensätzlicher nicht sein konnten. Bei Homer träten „alle Gestalten wie unter freiem und heitern Himmel in hellem Licht hervor; als Statuen“ ständen sie da, so Herder. Auch der altersblinde Milton wurde wegen seiner detaillierten und anschaulichen Vorstellungskraft gerühmt, die, so der führende englische Kunsttheoretiker Jonathan Richardson in seinem Essay On the Theory of Painting (1715), jeder Bildkunst überlegen sei. Der ossianische Raum hingegen schien tatsächlich ungesehen. Er bestand vor allem in repetitiven Andeutungen, war hypnotisch, neblig, taktil und wesentlich akustisch. „Wer Götter und Helden bilden will, gehe zu Homer. […] Der Mahler, den Ossian begeistert“ müsse aus sich selbst schöpfen, lautete Herders Fazit. [2]

 

IV Aussichten in die Ewigkeit.  Wunde und Nation

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Die primitivistische Orientierung der Zeit schlug sich nicht nur im Verhältnis zu den paganen Mythen nieder, im Bedürfnis, einen Homer nicht nur zu verstehen, sondern auch zu fühlen und auszuagieren, sie betraf auch ganz wesentlich das Verhältnis zur christlichen Religion. Hugenottische Religionsflüchtlinge, die im Widerstand gegen die Truppen des Sonnenkönigs in den unwegsamen Cevennen eine apokalyptische „Kirche der Wüste“ formiert hatten, schockierten die modernen Aufklärungstheologen, indem sie zu Anfang des Jahrhunderts zuerst in London, dann in Territorien des Alten Reichs eine Reihe frühchristlicher Ekstasepraktiken wie die prophetische Zungensprache, prophetisches Schreiben in Trance und Spontanheilungen in reformierte und radikalpietistische Kreise einführten.

Zu der Zeit, als die Ossianischen Gesänge erschienen und europaweit frühnationalistische Tendenzen befeuerten, registrierte William Hogarth in seiner Grafik Enthusiasm Delineated (1761) auf einem Thermometer der Offenbarung einen Siedepunkt dieser urchristlichen Erregung. Am Beispiel eines evangelikalen Gottesdiensts, der mit dem durchdringenden Sound einer Litanei nach dem Blut Christi unterlegt war, analysierte er gut ein Jahrzehnt vor dem Durchbruch des Mesmerismus Bezüge zwischen kollektiver Hysterie und Techniken visueller und akustischer Massensuggestion.

Adressiert waren Enthusiasm Delineated und die überarbeitete Version Credulity, Superstition, and Fanaticism (1762) zwar an die englischen Methodisten, die Anspielungen auf katholisierenden Bilderkult, magische Christusverehrung, sakralen Blutrausch und eine orgiastische Entfesselung des Sexualtriebs trafen jedoch viel eher auf Vorwürfe und Gerüchte zu, die über deren Inspiratoren und Erwecker in Umlauf waren, die deutschen Herrnhuter. Die Glaubensgemeinschaft war Ende der 1720er Jahre von Nikolaus Graf von Zinzendorf im sächsischen Herrnhut begründet worden und etablierte sich wenig später auch in England unter der Bezeichnung Moravian Church. In ihrem Londoner Zentrum hielten sich nicht nur die Begründer des Methodismus, John und Charles Wesley und der schwedische Geisterseher Emmanuel Swedenborg auf, dem dort seine ersten Jenseitsvisionen zuteil wurden, sondern auch William Blakes Mutter Catherine Wright Armitage, die zu den englischen Mitgliedern der Moravians zählte.

Zinzendorfs empfindsame Religion des Herzens imaginierte die menschliche Existenz in all ihren Facetten als ein Leben in der Pleura, der Seitenwunde Christi.

Anfang der 1740er Jahre bildete sich in der Brüdergemeinde ein skandalträchtiger Kult der Naivität heraus, ein tribales Christentum, dessen fantastische Ausprägungen von Herz-Jesu-Verehrungen und Seitenwunden-Andachten rituell darauf aus waren, aus dem Verstand auszutreten. Die ekstatische Kultur dieser sogenannten Sichtungszeit ließ sich nicht allein mit der Regression in ein biblisch verklärtes Kindheitsstadium erklären, sie hing auch mit den missionierenden Begegnungen des Grafen mit nordamerikanischen Stämmen zusammen, bei denen er sich als eine Art christlicher Schamane gerierte. Zu den Anhängern des charismatischen Zinzendorf zählten Herder und dessen Lehrer, der enigmatische Sprachphilosoph Johann Georg Hamann, sowie der Schweizer Pastor, Heiler, und Literat Johann Caspar Lavater und dessen junger Mitarbeiter Goethe, der die naive Ausdruckskraft Zinzendorfs und den kühnen Flug seiner Einbildung zutiefst bewunderte.[3] Klopstock hingegen, der sich mit seinem Messias schon früh dem Verdacht einer poetischen Herrnhuterei ausgesetzt sah, war peinlich darauf bedacht, sich vom Antinomismus des Grafen zu distanzieren. Tatsächlich folgte er ihm nicht nur als Erneuerer der Sprache und Dichter von Kirchenliedern nach, sondern auch in der Drastik einer entgrenzten eucharistischen Symbolik. Letzteres traf vor allem auf sein erstes patriotisches Theaterstück Hermanns Schlacht zu, das er unter dem Eindruck des Ossianismus als Bardiet verfasste, als „Tragödie mit Bardengesängen“.

Klopstock nahm an, dass die britischen Kelten germanischen Ursprungs waren und hoffte, dass den Deutschen mit der Wiederentdeckung der verschollenen Sammlung bardischer Heldenlieder Karls des Großen bald ein ähnlicher Fund vergönnt war wie Macpherson. Der Neologismus Bardiet referierte auf eine imaginierte kultische Aufführungspraxis, bei der ein anfeuernder Chorgesang eine tragende Rolle gespielt haben soll. Dass Klopstocks Hermann in seiner Eigenschaft als Erretter Germaniens vom imperialen römischen Joch eine Anwendung des messianischen Topos auf den nationalen Kontext vorstellte, war bereits von der zeitgenössischen Kritik registriert worden. Indem es dem Dichter gestattet wurde, seine Hermanns Schlacht 1769 mit einer strategischen Widmung an Josef II. zu veröffentlichen, konnte er ihm – auch mit Hinblick auf seinen „Wiener Plan“ – eine vergleichbare Erlöserrolle für die deutsche Kultur zuschreiben.

Zur Verherrlichung des Sieges, den Erzherzog Carl im Ersten Koalitionskrieg über Frankreich errungen hatte, zog Füger wesentliche Register einer klopstockisch-ossianischen Nationalmystik: den mythischen Urahn (hier: Rudolf von Habsburg), den Nationalbarden, den Eichenhain, die Jenseitstrunkenheit, und den Todesmut, der nach einer Wunde strebt

Als Angelika Kauffmann 1784 von dem hermannisch erhöhten Kaiser einen Auftrag für zwei Historiengemälde ihrer Wahl erhielt, entschied sie sich mit der Siegesfeier aus dem letzten Akt des Bardiets für ein Motiv, das dem optimistischen Tenor dieser Huldigung entsprach.[4] Keine zwei Jahrzehnte später kam der Thematik mit den französischen Eroberungen allerdings eine völlig veränderte Aktualität zu, der Josef Abel gerecht zu werden versuchte, indem er Kauffmanns operettenhafte Darstellung in einer weiteren Version der Hermanns Schlacht von 1809 mit der neuen Wirklichkeit der Befreiungskriege überschrieb. Neben den Anspielungen auf Massenmobilisierung, Landsturm und Guerillakrieg klangen auch die sakrale Opfersymbolik und der erotische Blut- und Wundenkult an, die Klopstocks patriotisches Drama auf bizarre Weise durchzogen.

Im selben Jahr, 1809, griff William Blake in England unter dem Eindruck der napoleonischen Bedrohung einen vergleichbaren Widerstandstopos aus der nationalen Frühgeschichte auf. In seinem malerischen Hauptwerk The Ancient Britons beschwor er die letzte Schlacht des legendären König Arthus gegen die römische Besatzung herauf, eine Konstellation, die für das arthurische 6. Jahrhundert bereits als kontrafaktisch gelten muss. Laut einer walisischen Überlieferung seien drei Briten, die Blake zufolge eigentlich vier waren und die Grundkräfte des Menschen symbolisierten, unversehrt aus ihr hervorgegangen: Der doppelgestaltige Schöne (Ur-Androgyn Apollo-Christus, der Poetic Genius), der Starke (Herkules) und der Hässliche (Faun, die reflektierende Vernunft). Das große Historiengemälde verschwand nach seiner Londoner Ausstellung 1809 spurlos, einzig eine Beschreibung des Künstlers ist überliefert, die drei Jahre später in dem klopstockianischen Hamburger Kulturmagazin Vaterländisches Museum in aller Ausführlichkeit kolportiert wurde. Sie bildete die Grundlage für eine hypnotische Visualisierung, mit deren Hilfe es einer Arbeitsgruppe der Kunstakademie Stuttgart kürzlich gelang, das Werk unter Einsatz analoger und digitaler Techniken zu reimaginieren.

Reimagination des verschollenen Gemäldes The Ancient Britons von William Blake durch hypnotische Visualisierung. Drei Briten, die eigentlich vier sind und die Grundkräfte des Menschen symbolisieren, seien unversehrt aus der letzten Schlacht des Keltenkönigs Arthus gegen die römischen Besatzer hervorgegangen: Der doppelgestaltige Schöne (Ur-Androgyn Apollo-Christus), der Starke (Herkules) und der Hässliche (Faun). Unter den Gefallenen der Letzte der Barden im Todeskampf, so der Autor 1809 in einer ausführlichen Beschreibung des Bildes.

Der Aufstieg Hesekiels in die Visualisierung der Thronwelt Gottes erfolgt mittels eines Fahrzeugs (hebr. Merkaba) aus vier vielgestaltigen Tierwesen (griech. Zoa), die Coronelli konventionell als Engel darstell

Die moderne Hypnose geht auf Franz Anton Mesmers Heilverfahren des animalischen Magnetismus zurück, das seit Ende der 1770er Jahre zuerst in Wien und dann in Paris und London Furore machte. Sein populärster deutschsprachiger Propagandist und Praktiker war Johann Caspar Lavater, ein enger Freund Füsslis, der sich bereits einen Namen gemacht hatte durch seine international verbreitete Physiognomik, eine weitgehend intuitive Methode der Charaktererkennung nach körperlichen Merkmalen, die in der Folge für eine höchst unheilvolle typologische und rassistische Kategorisierung verantwortlich war. Durch die spiritistischen und evolutionären Begründungen, die Lavater anfangs in seinen mehrbändigen Aussichten in die Ewigkeit (1768–1778) vorlegte, erfuhr das Stilmittel der Personifikation als tragendes Element religiös-mythologischer Kunst eine Wendung vom Metaphorischen ins Psychophysische und Okkulte, die für die Kultur der Romantik von enormer Bedeutung war.

Bei dem mit Heinrich Füssli eng befreundeten Theologen, Dichter und magnetischen Heiler Johann Caspar Lavater handelte es sich um einen weiteren Schüler Johann Jakob Bodmers. International bekannt wurde Lavater durch sein mehrbändiges Opus „Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschliebe“ (1775-1778). Die okkulte Charakterlehre wurde von aphoristischen Regeln zur Selbsterkenntnis begleitet, von denen einige in William Blakes freien Adaptionen als Proverbs of Hell popkulturelle Berühmtheit erlangten.

Die „kalte Beschränktheit“, die Lavater Swedenborgs Gesichtszügen attestierte, spiegelt sein ambivalentes Verhältnis gegenüber den schablonenhaften Jenseitsvorstellungen des schwedischen Spiritisten, die er in seinen eigenen “Aussichten in die Ewigkeit” (1768 – 1778) mit Vorstellungen wie der einer pantomimischen Geistersprache zu poetisieren suchte.

Schon Klopstock war in seiner Poetik der Affektübertragung von der Wirkmacht tief empfundener Vorstellungen ausgegangen. Er nannte sie „fastwirkliche Dinge“[5]. Die Trennlinie zur Romantik war hauchdünn. Sublimierte Trancetechniken, Stimulationen durch Opiate sowie magische und spiritistische Praktiken schienen es zu ermöglichen, die Virtualität des Fastwirklichen ohne diese Anstrengungen des Affekts in Zustände zu überführen, die in ihrer holografischen Intensität visionären Überwirklichkeiten entsprachen, von denen biblische Propheten wie Hesekiel oder die indische Dichtung Bhagavad Gita berichteten. Mit dem Gemälde Phidias an der Büste des Zeus meißelnd (1802) widmete Joseph Dorffmeister, der zeitgleich mit Abel bei Füger studiert hatte, diesem mentalen Formungsprozess eine überaus doppelbödige Arbeit. Der legendäre Bildhauer der Antike, dessen Werke nur in Kopien bekannt sind, tritt hier selbst als ein Nachbildner in Erscheinung.  Dabei bleibt offen, ob er das transzendente Original mit seinem verklärten Blick erfasst oder die Visualisierung nicht vielmehr innerakustisch nach den Angaben der sprechenden Zeus-Erscheinung erfolgt.

Auch Blake begriff sich als Kopist der Imagination. Der Avatar dieser Immersionserfahrung war in seinem Schema der vier Kräfte, so wie es in den Ancient Britons vorlag, Christus/Apoll als der Poetic Genius, und sein Sensor nicht das Auge, sondern das Ohr. Für die Bildkunst tat sich, wie schon in Abels Elysium, das Paradoxon einer Ausrichtung auf, die zwar nicht antipiktoral war, aber doch in einer Inversion des Augenscheins bestand und somit auch ihr eigenes Verschwinden – spurlos oder in Archiven und Depots – implizierte. „Jetzt versteh’ ichs“, hatte der junge Goethe seinem Mentor Herder auf dessen Vorhaltung geantwortet, dass bei ihm „alles so Blick“ sei, „thue die Augen zu und tappe“.[6]

[2] Johann Gottfried Herder: Homer und Ossian. In: Die Horen. Bd. 11 (1795), Nr. 5.

[3]   Vgl. Johann Wolfang von Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Goethes Werke. 6. Band. Norderstedt 2016. Nachdruck der Ausgabe von 1893.

[4] Das Gemälde weckte später die Begehrlichkeit Adolf Hitlers, der das Gemälde im Besitz des Kunsthistorischen Museums Wien 1939 für die neue Reichskanzlei nach Berlin beorderte. Nach dem Krieg galt es lange als verschollen, wird jedoch mittlerweile im Bestand der Eremitage in St. Petersburg vermutet.

[5] Klopstock, Fon der Darstellung, S. 352.

[6] Brief an Herder im Juli 1772. In: Briefe Goethes und der bedeutendsten Dichter seiner Zeit an Herder. Hrsg. Von Heinrich Dünter und F. D. von Herder. Frankfurt am Main 1858, S. 40.

 

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